Sunday, October 29, 2006

Backstage: Die große Welt der kleinen Politiker

Ich beim Bundeskongress der Jungen Liberalen. Zum allerersten Mal, obwohl ich schon lang genug Mitglied bin, dass es hätte mein dritter sein können. Freitag bis Sonntag in Jena City. Schöne Stadt übrigens, ich hatte sie mir kleiner vorgestellt.


Ein Bundeskongress läuft ab wie ein Parteitag. In klein halt. Das sage ich, ohne je auf einem Parteitag gewesen zu sein, aber ich wäge mich im Recht. Wie auch immer, Bundeskongress heißt, die Politikprobierer diskutieren Anträge und beschließen sie vielleicht auch, sofern sich eine Mehrheit findet. Dabei nehmen sich die meisten zu wichtig. Um Punkt und Komma wird da diskutiert, um die Streichung von zwei Worten oder um das Einfügen eines so genannten „erklärenden Satzes“ in einen Antrag, der eh schon 10 Seiten füllt: Der Leitantrag zum Thema „Liberale Sozialpolitik“. Mag für den einen oder anderen Turbokapitalistenhasser merkwürdig klingen. Auch für manchen JuLi. Deshalb füllte die Diskussion den kompletten Samstag.


Ich muss zugeben, ich habe die Diskussion nur etwa zur Hälfte mitverfolgt. Während dieser Zeit habe ich jedenfalls nicht mitbekommen, warum es so wichtig ist, Chancengleichheit durch Chancengerechtigkeit zu ersetzen. Oder die Worte „Erziehung und“ aus Zeile sowieso zu streichen. Ungefähr 80 solcher – in meinen Augen trivialer – Änderungsvorschläge wurden hitzig diskutiert. Ist das die große Politik? Wenigstens eins war beruhigend: Erfahreneren Mitgliedern zu Folge läuft es nicht immer so krass ab, es kam sogar schon vor, dass der Leitantrag in „nur zwei oder drei Stunden“ besprochen wurde. Puh. Hiermit verabschiede ich mich von der Berufspolitik, die ich zwar nie ernsthaft in Erwägung gezogen habe, von der ich aber jetzt sicher weiß, ich würde an Ungeduld und unbefriedigtem Tatendrang sterben. Nach ungefähr drei Tagen, sobald die anfängliche „Packen wir's an“-Euphorie der Realität gewichen ist. Die ist leider nicht pragmatisch, sondern voller Geltungsdrang, gekränkter Egos und aus-Prinzip-dagegen-sein-um-sich-zu-profilieren.


Gelohnt hat sich das Wochenende trotzdem: Oben genannte Einsichten, Konsequenzen fürs nächste Mal und eine sehr geile Party. Ins Bett gehen hat sich danach jedenfalls nicht mehr gelohnt.

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