Tuesday, November 14, 2006

Mönche verstehen

Das Leben gleicht einem Drogenrausch. Und der Mensch ist von Natur aus ein übler Junkie, der da irgendwie rein geraten ist und jetzt darin feststeckt. Solche Gedanken kommen mir Nachts um halb drei, warum auch nicht.


Schuld an dem Dilemma sind die körpereigenen Drogen. Der Mensch strebt ja bekanntermaßen nach Glück, gleichzusetzen mit der Gier nach einem Adrenalin-, Endorphin- oder was-auch-immer Schub. Glückshormone halt. Tolle Erfindung, sie treiben uns an, Motor der Evolution und so. Ohne die Dinger würden wir lethargisch in der Ecke sitzen, und nicht einmal auf die Idee kommen, uns zu vermehren. Wir hätten Gehirne in Wallnussgröße und würden bei Zeiten verhungern. Und aussterben.


Weil es diese Glückshormone nun aber doch gibt, streben wir nach Dingen wie Sex und Liebe, Geld und Macht oder sogar Wissen. Leider hält die Wirkung nicht lang an, immer wartet der Entzug oder die Gewöhnung an der nächsten Ecke. In der Liebe zum Beispiel – werfen wir einen Blick auf die kalten Zahlen der Scheidungstatistiken – wird man entweder irgendwann sitzengelassen, oder man fragt sich: Mist, ey, das wird langsam langweilig, ich brauch mal wieder Abwechslung. Ersteres ist schmerzhafter und gleicht dem Entzug. Zweiteres bedeutet, auf härteren Stoff umzusteigen, der aber nicht unbedingt gesünder ist.


Das selbe beim Geld: Es reicht nie. Nicht die 20 Euro Taschengeld, die man mit 12 gekriegt hat. Nicht die 50 Euro, die man später beim Zeitungen austragen verdient hat. Nicht das Bafög, nicht das erste Gehalt, nicht der Lottogewinn. Man gewöhnt sich viel zu schnell daran, immer härterer Stoff muss her. Übertragt es auf die Macht und überlegt, woran das römische Reich und Hitler gescheitert sind und was die USA gerade betreiben: Größenwahn. Das ist vollkommen natürlich, das liegt in den Genen der Menschen, und für die können wir ja nichts.


Sogar beim Wissen ist irgendwann Schluss, so sehr man sich als vierjährige Göre gefreut hat, endlich die Uhrzeit lesen zu können. Entzug: Man stößt an die persönlichen Grenzen der Intelligenz. Stetige Steigerung bis in die Überdosis: Man weiß alles und ist auch nicht schlauer, wie einst der Faust.


Es gibt Gründe, warum uns unsere Eltern von Drogenkarrieren normalerweise abraten, es sei denn, sie dealen selbst. Und es gibt auch Gründe für Glückshormone und für kalten Entzug. Ausweg? Askese. Den Entzug überstehen und clean bleiben. Clean und freudlos. Wer nicht in einem Kloster in Tibet enden will: Hinnehmen und weitermachen.

1 comment:

Susi said...

Ah, Mephistopheles, jetzt wo du es sagst...

Und nein, unter Drogen stand ich nicht. Jedenfalls nicht unter externen.