Friday, December 15, 2006

Ausgestopfte Männer und der Jagdtrieb

Zu Beginn meiner pubertären Phase habe ich mir ein Jagdschema zugelegt. Ich dachte, das würde einiges vereinfachen und hielt es sowieso für eine gute Idee, die Welt in Stichworten zusammenzufassen. Ich bastelte mir also aus einigen Adjektiven meinen Traummann. Männer-Backrezepte waren damals in – vielleicht sind die auch zeitlos – aber die sind hausgemachter Schwachsinn und backen konnte ich eh nicht, da hatte ich wirklich besseres zu tun. Ich beschränkte mich also auf ein verbales, theoretisches Konzept, das ausschließlich meiner eigenen Belustigung dienen sollte. Grundlage waren übrigens die zahlreichen Typen, in die ich zwischen meinem elften und dreizehnten Lebensjahr heimlich verknallt gewesen war. Blondes, kurzes Haar war meine eindeutige Präferenz, ein süßes Lächeln sollte er haben und nicht zu groß sein, aber natürlich ein Stückchen größer als ich. Und er sollte viel Zeit für mich haben, denn ich hatte damals nicht viele Hobbies. Soweit meine bescheidenen Ansprüche. Der erste Freund erfüllte sie. Der zweite schon nicht mehr. Deshalb habe ich mein Jagdschema umgehend abgeschafft.


Seitdem bin ich auf der Suche nach dem heiligen Gral. Meistens mit dem Ergebnis, dass es keinen gibt, gefolgt von der Erkenntnis, dass das aber auch nicht schlimm ist – schließlich mag ich Abwechslung. Und freue mich, ähnlich wie Denise, wenn ich am Ende eines Tages sozusagen einen Bilanzstrich ziehen kann und sagen: Aha, so ist das also, wieder was gelernt. Wieder ein Klischee zerstört, wieder ein neues erschaffen.


Mein Lieblingsklischee ist der wahrscheinlich bestaussehendste Typ der Welt. Er kommt aus meinem Heimatdorf, spielt dort im Fußballverein und gehört zu jener Gattung Mann, die man am liebsten erschießen, ausstopfen und ins Schlafzimmer stellen will. Denn dort kann man sie jederzeit anschmachten, und es stört auch keinen, wenn man dabei sabbert (außer vielleicht den Kerl, mit dem man das Schlafzimmer teilt). Ich traf ihn hin und wieder zufällig auf Partys, und er jubelte mir auf sehr charmante Weise seine Telefonnummer unter. Die ich niemals anrief, auch wenn ich mich in einsamen Stunden dafür ausgiebig selbst beschimpft habe. Denn er hatte einen Fehler: Er war dumm. Geschätzter IQ von 12 – Knäckebrot hat 13. Ich konnte kaum zwei Sätze mit ihm wechseln. Okay, erschießen und an die Wand hängen hätte auch das geklärt, aber ich bin ja kein Schwein. Deshalb hab ich mich lieber aufs Fluchen beschränkt, mich als was besseres gefühlt und dann ob meiner Arroganz geschämt, aber nur kurz. Womöglich ist er Schuld, dass ich mich nur noch mit Typen treffe, die sowas ähnliches wie Abitur haben.


Nun ja, jetzt hab ich mich verzettelt, eigentlich wollte ich etwas über den Jagdinstinkt schreiben. Damit meine ich die seltsame Anziehungskraft, die ein komplizierter und rätselhafter Typ auf mich ausüben kann. Vermutlich liegt das daran, dass Frauen besonders jene Dinge wollen, von denen man ihnen suggeriert, sie könnten sie nicht haben. Bei denen man mal schnuppern darf – aber danach wird das Objekt der Begierde wieder einpackt, zurück in den Schrank gestellt und so getan, als wär nichts gewesen. Was soll man da machen? Hartnäckig bleiben? Sabine hat mir davon abgeraten. Sie hat mir eine ausgeprägte, nahezu selbstzerstörerische Leidenschaft für Machtspielchen vorgeworfen. Ich finde, sie übertreibt. Außerdem kann ich nichts dafür: Ich kauf ja auch keine Sonderangebote. Ist diese Analogie zu wirr? Pech gehabt.

3 comments:

Muhi said...

das erklärt einiges ...

Anonymous said...

schön!

jagdschemen sind was schlimmes, bei menschen mit einem gewissen hang zu perfektionismus gar was einengendes. gut, dass wir wissen, das man sowas nicht braucht. ;)

machtspiele dagegen sind was feines. zumindest solange, wie sich beide gleichermaßen als sieger fühlen können. und wenn sie irgendwann aufhören. ich hab nämlich den leisen verdacht, das macht mit liebe nicht so sehr viel zu tun hat.

rushgold said...

is ja witzig, da denken kerle und mädels vielleicht doch nich so verschieden, obwohl, ein Knäckebrot kann auch ganz lecker schmecken, das Auge ist ja mit, ge;)...