Saturday, September 23, 2006

Rot-Gelb-Grünes Wort zum Samstag

Herr Brüderle ist ein witziger Mensch. Als „unverbesserlichen Optimist“ bezeichnet er sich auf seiner Homepage, und ich muss sagen, das glaub ich ihm sogar. Ich bin auch optimistisch. Aber schmunzeln musste ich trotzdem, als ich heute von Herrn Brüderles Idee gehört habe, die Große Koalition zu stürzen. Warum nicht doch die Ampel, hat er gemeint. Ablehnen mussten wir sie nach der Bundestagswahl, das ist doch ganz klar, wir mussten unser Gesicht wahren. Aber so ein Koalitionsversprechen wie damals, als es hieß, schwarz-gelb oder Opposition, so ein Koalitionsversprechen überlegt man sich ja vor jeder Wahl neu. Und nach der Wahl ist vor der Wahl. Ergo: Jetzt gilt es nicht mehr. Wir können ganz scheinheilig doch noch zur Ampel wechseln.


Nicht, das ich persönlich was gegen die Ampel hätte, ganz im Gegenteil. Trotzdem bin ich der Meinung: Herr Brüderle redet scheiße. Denn das Wahlversprechen muss man nicht nur ein paar Monate lang halten, sondern bitte schön bis zur nächsten Wahl. Also bis zur nächsten Chance, auf der Basis eines neuen Versprechens neu zu wählen. Ich weiß nicht, wie es der Mehrzahl der Deutschen geht – aber ich kann mir merken, was ich gewählt habe, auch wenn ich hin und wieder vergesse, wie meine alte Französischlehrerin hieß oder was ich morgens gefrühstückt habe.


Also, zurück zur Ampel. Ich hab nichts dagegen. In mancher Hinsicht hasse ich die Grünen (Bürokratie, Fortschrittsfeindlichkeit z.B. bei der Gentechnik), in mancher Hinsicht liebe ich sie (Eintreten für Toleranz und freie Liebe, Pazifismus). In mancher Hinsicht hasse ich auch die SPD (bestmögliche soziale Absicherung für unsere unmündigen Bürger!), dass ich sie in gewisser Hinsicht auch lieben würde, kann ich leider nicht behaupten. Allerdings sieht es mit der CDU genauso aus. Die hasse ich für ihren Traum vom Überwachungsstaat und lieben tue ich sie, naja, überhaupt nicht.


Im Prinzip ist es mir also relativ egal, ob die FDP zusammen mit rot oder mit schwarz regiert, auch wenn beide Varianten sich ziemlich unterscheiden würden. Mit der Union würde sich vielleicht wirtschafts- und steuerpolitisch einiges tun, aber längst nicht genug. Kichhoff'sche Flat Tax und Krankenkassen privatisieren? Haha, auch mit der CDU keine Chance. Mehr als mit der SPD, das ist klar, aber von FDP-Idealen dennoch kilometerweit entfernt. Mit der SPD gäbe es vielleicht die Chance, den Sicherheitswahn abzustellen, den meiner Meinung nach nur ein paar wenige CSU-Faschisten bayrische Unionsmitglieder zu verantworten haben.


Also – wie man es dreht und wendet, es bleibt suboptimal. Deshalb gehör ich definitiv nicht zu den schwarz-gelb-oder-nichts-Verfechtern. Ich hab nix gegen sozialliberal. Aber bitte – keine Putschversuche. Wenn schwarz-rot wirklich scheitert, dann bitte mit Neuwahlen. Aus einem einfachen, ziemlich intriganten Grund: Protestwähler und Oppositionsbonus. Wenn es noch ne Weile so weiter geht, dümpelt die FDP nicht mehr bei 10 Prozent rum – nein, da werden ganz schnell 15 oder 20 draus. Vielleicht bin ich jetzt der unverbesserliche Optimist – aber ich würde mit den Ampelgesprächen bis nach den nächsten Wahlen warten.

1 comment:

Muhi said...

nicht zu früh freuen .. mit Projekt 18% ist schon Möllemann abgestürzt ... obwohl ... dann ist vielleicht die Gesundheit billiger ...